Sommertag im Walde, 1884

Valentin Ruths (1825–1905)

Mit Valentin Ruths großformatigem Gemälde „Sommertag im Walde“ von 1884 wird die Gottorfer Sammlung zur Malerei des 19. Jahrhunderts durch ein kapitales Werk gestärkt.
Der gebürtige Hamburger Ruths zählt zu den wichtigsten Landschaftsmalern Norddeutschlands im späten 19. Jahrhundert. Nach einer Ausbildung als Lithograph in Hamburg studierte er an den Kunstakademien von München und Düsseldorf, wo er insbesondere durch seinen Lehrer Johann Wilhelm Schirmer beeinflusst wurde. Von 1855 bis 1857 sammelte er reiche künstlerische Erfahrungen beim obligatorischen Studienaufenthalt in Italien. Zurückgekehrt nach Hamburg widmete sich Ruths insbesondere der heimatlichen Landschaft und erregte besondere Aufmerksamkeit durch seine prachtvolle Ausmalung des Altbau-Treppenhauses der Hamburger Kunsthalle. Seine und Arthur Fitgers großformatigen Wandbilder zu den Tages- und Jahreszeiten, die 1880 bis 1884 entstanden, sind dort bis heute zu sehen.
Ungefähr zur selben Zeit wie diese Arbeiten für die Hamburger Kunsthalle schuf er auch das hier vorgestellte Werk. In seinem Gemälde breitet Ruths eine dicht bewachsene sommerliche Waldlandschaft in fein differenzierten Grün- und Braunnuancen vor uns aus. Menschenleer, strahlt die Szenerie eine große Ruhe und Innigkeit aus. Sie entspricht damit dem Ideal der „Waldeinsamkeit“, das in der Literatur der Romantik besonders propagiert wurde. Von rechts vorne zieht sich ein Bachlauf bis in den Bildmittelgrund und verleiht der Komposition Tiefe. Um den Bachlauf öffnet sich der üppige Laubwald zu grasbewachsenen Lichtungen, während die ausladenden Baumkronen den Himmel fast vollständig ausschließen. Wo die Sommersonne es jedoch schafft durch das Laub zu dringen, ergibt sich ein attraktives Spiel von Licht und Schatten auf Waldboden und Baumstämmen. Ruths’ Gemälde zeichnet sich sowohl durch seinen realistischen Detailreichtum als auch durch seinen großen stimmungsvollen und gleichzeitig unsentimentalen Gehalt aus. Beides lässt sich ohne Zweifel auf eine intensive Naturbeobachtung und vor Ort angefertigte Zeichnungen und Ölstudien des Künstlers zurückführen.
Das aus norddeutschem Privatbesitz erworbene Gemälde ergänzt ausgezeichnet den bisherigen Gottorfer Bestand an Werken von Valentin Ruths, der, neben Papierarbeiten, aus zwei Ölstudien und der reizvollen Darstellung eines Plein-Air-Malers in steinigem Gelände besteht.

Ingo Borges